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Autor ©: Pierre Lauwers (Belgien, 5. September 2003)

Remontantrosen in Mitteleuropa

deutsche Textanpassung: Udo Karl (letzte Link-Korrekturen 16.9.2012)

(1) Allgemeines über eine vernachlässigte Rosengruppe

(1)
Allgemeines
über eine
vernachlässigte
Rosengruppe

(2)
Winterhärte:
"Wein braucht
sein Klima -
Remontantrosen
auch?"

(3)
Winterhärte
ist mehr als
"Verträglichkeit
von
Minus-Graden"

(4)
Variation von
Wüchsigkeit
und Höhe bei
Remontantrosen
(Einfluß der
Unterlage)

Vor ca. zehn Jahren, als ich begann, "Remontantrosen" in meinem Garten zu sammeln, ließ sich in der Literatur nichts Hilfsreiches finden.
Selbst bei wichtigen Autoren gab es nur Kritik: Remontantrosen wären für alle möglichen Krankheiten besonders anfällig, ihre Nachblüte sei eher sehr begrenzt usw.

Etwas später fand ich in der Literatur zwei Ausnahmen: "Roses et Jardins" (Marie-Thérèse Haudebourg - leider noch nicht auf Deutsch verfügbar) und "Rosen, die besten Arten und Sorten" (Heinrich Schultheis). Beide stellten das Positive dieser Rosengruppe heraus; so schreibt Schultheis (S. 133): "Die schönsten Purpurtöne sind auch heute noch hier zu finden".
Aber damals hatte ich schon mehr als hundert Rosen im Garten und musste leider Erfahrungen auf eigene Kosten sammeln.

Noch heute werden Remontantrosen von vielen Spezialisten ziemlich unterschätzt, so dass wenige von ihnen diese Sorten selbst kultivieren und aus eigener Erfahrung sprechen können. Oft werden Remontantrosen nach dem beschrieben, was bei großen Rosarien und öffentlichen Rosengärten von ihnen zu sehen ist; aber genau dort sind sie oft von Gesundheit weit entfernt - Sangerhausen ist eine Ausnahme.
Deshalb ist es für jeden Hobby-Rosengärtner recht schwierig zu wissen, wie die einzelnen Remontantrosen optimal zu platzieren, zu pflanzen und zu pflegen sind.

Zurück zu meinen ersten Versuchen!
Nachdem wir, meine Frau und ich, "Moderne" Teehybriden und Floribunda - nahezu erfolglos - probiert hatten, folgten alte Rosen verschiedener Klassen. Mit diesen waren wir sehr schnell erfolgreicher, besonders mit den Gallicanae (Gallicas, Damaszener, Centifolien und Moos-Rosen), den Alba und zwei remontierende-Rosenklassen, die den Gallicanae nahe stehen: Portland und Remontantrosen.

Als Fazit kann ich sagen, dass Remontantrosen viel besser in meinem Garten gedeihen (Belgien, westliche Ausläufer der Eifel) als moderne Sorten - von wenigen Ausnahmen abgesehen!

Die Argumente für diese Beurteilung und die Besonderheiten der Remontantrosen (Anhaltspunkte für den Umgang mit ihnen) habe ich in einem Artikel besprochen, der unter dem Titel: "Einige Richtlinien für Remontantrosen" (deutsche Fassung) veröffentlicht wurde auf der Website von Daphne Filiberti. Dort ist der Text auch auf englisch und französisch verfügbar.
Ein weiterer Artikel (auf französisch) über die "Rosomènes" findet sich auf der Website von Ivan Louette.
Seiten über Remontantrosen im Allgemeinen und speziell über ihre Einführung und Verbreitung in Neuseeland berichtete 2003 der Fotograph Jocelen Janon (in englischer Sprache).

(2) Winterhärte: "Wein braucht sein Klima - Remontantrosen auch?"

In Pierre Lauwers Garten Höhe 1,60 m: 'Fischer Holmes', Vierdier 1865,
Remontantgruppe "Gloire des Rosomanes"

Aber es ist keineswegs nötig, so weit zu fahren, um große Differenzen zu erleben. Zwischen dem Vogelsberg und der Wetterau liegen etwa 80 Kilometer, aber klimatisch gesehen sind sie zwei ganz verschiedene Gegenden (nördlichster Punkt des oberrheinischen Grabenklimas und höhere Lage eines Mittelgebirges).
Deshalb ist es für jeden Gärtner sicherer, sein eigenes Klima (also das mit aller Wahrscheinlichkeit zu erwartende Wetter vor Ort) genau zu kennen, statt sich z. B. auf die Klima-Daten der nächst gelegenen größeren Stadt zu verlassen. Auf nur zehn Kilometern kann es bereits bedeutende Unterschiede geben (Südhang, Wasserscheide, Seeufer, Wald, Mikroklima in einer Siedlung, ...).

Normalerweise sind alle Remontantrosen aus den Abstammungsgruppen "Gloire des Rosomanes" und "La Reine", besonders winterhart (in Bezug auf alle nachblühenden Rosensorten!). Diese Gruppen sind ja die älteren unter denen, die noch keine Tee-Rosen-Gene abbekommen haben. Die vorhandenen Daten für diese Rosen belegen: "winterhart bis USDA Zone 5", was tiefste Temperatur von -23°C bis -29°C bedeutet. Einige Remontantrosen sollen sogar Zone 4 aushalten können (-29°C bis -34°C).

Die späteren Abstammungs-Gruppen "Victor Verdier" und "Charles Lefèbvre", sind empfindlicher! Diese Sorten haben "Tee-Blut" von 'Safrano' bekommen. Ihre verlässliche Winterhärte ist unbekannt. Einige können sogar genau so empfindlich wie Thee-Hybriden sein.

Die letzte Abstammungsgruppe "Frau Karl Druschki", die 1900 startete, gibt in Sachen Winterhärte kein einheitliches Bild mehr ab.
'Frau Karl Druschki' war eine Züchtung von Peter Lambert aus Trier. Diese Sorte kann nach amerikanischen Autoren Zone 4 aushalten. Aber aufgepasst! Das gilt nur für den Strauch, der kletternde Sport ist auf Zone 5 begrenzt.
'Frau Karl Druschki' war die Mutter vieler neuerer Züchtungen, z.B.: 'Druschki rubra', 'Ruhm von Steinfurth', 'Candeur lyonnaise', 'Georg Arends', 'Heinrich Münch', 'Sachsengruss'. Die letzte der Gruppe war 1937 'Goldene Druschki' (Lambert, vielleicht auch eine seiner letzten Züchtung).
Alle diesen Sorten scheinen meiner eigenen Erfahrung nach, jeweils ihre eigene Winterhärte zu besitzen (entspechend der Pollen-Eltern - Tee-Hybride, Remontantrose usw.). Es ist deshalb unmöglich, generelle Urteile für diese Abstammungsgruppe zu geben.

nach oben Nicht nur in Deutschland gibt es in Bezug auf Remontantrosen etwas Verwirrung, weil dort - wie in allen anderen Ländern Europas - niemand mehr genau weiß, wie man sie im Einzelnen kultivieren muss. Pauschalurteile über Rosenklassen und Klimaarten sind in ihrer Auswirkung nicht selten eher hinderlich als nützlich:

Erstens sind die Remontantrosen selbst sehr vielfältig - es gibt mindestens fünf Abstammungs-Gruppen und noch dazu viele Sorten, die nicht mit allen Erfahrungsdaten dokumentiert sind. Jede Gruppe hat ihre Eigenheiten bezüglich Winterhärte, Starkwüchsigkeit, Nachblüte usw.

Zweitens hat auch Deutschland eine große Vielfalt von Landschaften mit sehr unterschiedlichen Mikroklimas und Bodenarten, von Weinbaugegenden bis zu Gebirgsregionen! Besonders der Winter ist für Rosen entscheidend.
Zwischen dem Winter Aachens (nur 110 Kilometer von meinem Maastaler Ort entfernt) und dem Winter in Dresden, München oder auf der Zugspitze, gibt es mehr als nur einen "kleinen Unterschied".

(3) Winterhärte ist mehr als "Verträglichkeit von Minus-Graden"

Sich nur auf die Zonen-Angabe mit ihrer tiefsten Temperatur zu verlassen, kann zu Enttäuschungen führen, um so mehr, wenn es um seltene Sorten geht, für die keine Erfahrungen in einer bestimmten Gegend vorliegen. Wichtige weitere Faktoren für das Durchstehen der örtlichen Belastungen während der Winterzeit sind:

jung ist und noch keine tieferen eventuell andersartigen Bodenschichten mit ihren Wurzeln erreicht hat.

Genau dieser Fall ist in Belgien häufig: Schwerer Boden und dazu natürlich regelmäßige Niederschläge.

b) Eine unzureichende Ausreifung des Holzes kann mit Schuld sein an der Entstehung von Winterschäden - ein ebenfalls für regnerisches Klima typischer Fall, nicht nur in Belgien, vermutlich auch in deutschen Gebieten wie an der Ruhr und vielerorts in Norddeutschland sowie an den Westhängen der Mittelgebirge. Relativ geringe sommerliche Sonneneinstrahlung und mäßige Temperaturen lassen das Holz nicht genug verhärten, bevor die ersten Fröste kommen.
Aber dieses Problem scheint es sehr selten bei Remontantrosen zu geben, wie auch bei Gallicanae (einmalblühende Sorten) und Portlands.
Das ist einer von vielen Gründen, die erklären, dass diese Klassen sich in meiner Gegend - am Fuße der Ardennen - so wohl fühlen.

d) Meiner Erfahrung nach hat auch die Wahl der Unterlage Einfluss auf die Winterhärte, aber im Zusammenspiel mit der Bodenart. Eine Unterlage, die keine schweren, undurchlässigen Böden mag, wird im Winter noch mehr leiden. Eine Unterlage, die die Starkwüchsigkeit der veredelten Sorte bremst, kann auch deren Winterhärte reduzieren.

e) Außerdem dient es der Winterfestigkeit, den richtigen Zeitpunkt für den Rückschnitt zu finden. Die "Herbst-Rückschnitt-Manie" ist selbst im relativ milden Belgien schädlich, da die Wunden im Herbst nicht mehr rechtzeitig heilen können. Herbstschnitt bedeutet, dem Frost "eine Autobahn zu eröffnen", über die er in die Triebe noch besser eindringen und Erfrierungen herbeiführen kann! Auch für Remontantrosen gilt der Spruch: "Rosen erst im Frühling schneiden, wenn die Forsythien blühen" - oder sogar noch etwas später, nämlich bei allen sehr früh austreibenden Sorten, hier die "Rosomènes", - und generell in Gegenden mit Spätfrösten. Das Austreiben der "Rosomènes" beginnt stets bei den höheren Augen der Triebe, also an den Teilen, die beim Rückschnitt ohnehin entfernt werden und somit auch vom Frost erwischt werden dürfen. Die niedrigeren Augen, die uns wichtig sind, bleiben intakt! Bei zu frühem Schnitt würden genau diese tiefer sitzenden Augen zum Austreiben angeregt und dann durch Spätfrost zerstört.
Wenn diese Besonderheit der "Rosomènes" beachtet wird, sind die Rosen aus dieser Gruppe bis Zone 5 winterhart (versprochen!).
Die Rosen aus der Abstammungsgruppe "La Reine" enthält dagegen nur spät ausstreibende Sorten, sie verhalten sich wie die Gallicanae und Portland-Rosen. Deshalb beginne ich stets den Rückschnitt meiner Remontantrosen mit diesen.

In Pierre Lauwers Garten (Höhe 1,80 m): 'John Hopper', Ward 1862,
Remontantgruppe "La Reine"

nach oben a) Lockerheit des Bodens. Ein durchlässiger Boden bedeutet eine geringere Gefährdung durch Bodenfrost als bei einem schweren, tonigen, schlecht dränierten Boden. Ein durchgefrorener, nasser, fester, toniger Lehm kann z. B. in einer Gegend der Zone 7 für eine Rose, die normalerweise bis Zone 5 "zugelassen" ist, so gefährlich werden, dass sie während ihres ersten Winters eingeht - besonders wenn eine Pflanze

(4) Variation von Wüchsigkeit und Höhe bei Remontantrosen

Es wird oft geschrieben, dass viele Rosensorten in Deutschland niedriger bleiben als in anderen europaïschen Ländern wie z.B. Frankreich.
Der Grund dafür sollen die kälteren Winter sein. Das aber halte ich für ein Vorurteil.
In der belgischen Schule lernt man bis heute: "Das Klima Belgiens ist stark ozeanisch geprägt, deshalb sind unsere Winter sehr mild" - von Oostende (Klimazone 8) bis zum Manderfeld (Gemeinde Büllingen, ostbelgische Eifel, 545 - 600 m, Zone 6). Etwa 15 Kilometer von Manderfeld entfernt liegt der deutsche Ort Stadtkyll, wo die Kinder vom "kontinental geprägten Klima Deutschlands" hören.
Es ist zwar richtig zu sagen, "die Mehrheit der Remontantrosen entstand in Frankreich - eine freundlichere Witterung als durchschnittlich in Mitteleuropa". Es gibt jedoch viele belgische und französiche Orte, wo der Winter tatsächlich kälter ist als in manchen Gebieten Deutschlands.
Außerdem wissen wir, dass im 19. Jahrh., als die Remontantrosen gezüchtet wurden, das Klima in Europa kälter war als heute ("kleine Eiszeit": Paris war damals "Zone USDA 5". Temperaturen von -25°C waren dort im Winter keine Seltenheit und Spätfröste konnten bis zum Juni vorkommen wie heute in der belgischen Eifel).
Zu bedenken ist ferner, dass auch in Deutschland und sogar in Ungarn (Geschwind) Remontantrosen gezüchtet wurden. Die Gebrüder Ketten, die in der Stadt Luxemburg eine große Rosenschule leiteten, schrieben 1912 in ihrem Katalog: ".....(diese Klasse) ist das wichtigste, für gemäßigte und nördliche Gebiete.... Sie sind winterhärter als die anderen nachblühenden Klassen, aber weniger, als die Centifolien oder die Provins (Gallicas)."

Demnach müssten diese heutzutage von verschiedenen Gartenbesitzern berichteten Unterschiede in der Wuchshöhe bei manchen Sorten und beim Vergleich von Rosen aus verschiedenen Bezugsquellen auch noch andere Gründe haben, als nur klimatische.
Meiner Erfahrung nach ist es durchaus möglich, dass Schwachwüchsigkeit auch mit der Wahl der Unterlagen zusammenhängen kann.
Im Verlauf der letzten zehn Jahre habe ich Remontantrosen aus verschiedenen Ländern Europas gesammelt (Belgien, Frankreich, England und Deutschland) und in dieser Hinsicht Erfahrungen zusammengetragen:

a) In Belgien sind bei den wichtigsten Rosenschulen für alte Rosen die Remontantrosen auf R. rubiginosa veredelt; auch R. canina war traditionell eine erste Wahl für Rosen.
Auch in Frankreich hat R. canina Tradition, besonders, weil kalkhaltige Böden dort weit verbreitet sind.
Die Gebrüder Ketten aus Luxemburg verwenden nur R. Canina Pfänders, sogar für Polyanta Zwergrosen, die für Kübel produziert werden!
Dass R. Canina Pfänders auch in Deutschland zu finden ist, ist bekannt, weil zumindest eine wichtige Rosenschule diese verwendet; aber auch R. Rubiginosa ist im deutschen Handel lieferbar (s. Link zur Fa. Lodder).

Was ich jedoch inzwischen herausgefunden habe, ist, dass Remontantrosen (von Ausnahmen abgesehen) besser auf R. Canina Pfänders und R. Rubiginosa gedeihen als auf R. Laxa (egal ob aus England oder Deutschland).

In Pierre Lauwers Garten: 'Baron Girod de l'Ain', Reverchon 1897,
Sport von Eugen Fürst

Als Beispiel zeige ich meine "Baron Girod de l'Ain" (s. Abb.), die bis auf 3,5 m in einen alten Apfelbaum gestiegen ist, veredelt auf R. Rubiginosa.

b) Aber nun verwenden viele Rosenschulen R. Laxa, besonders in Mitteleuropa - Deutschland und Schweiz - und England.
Bei R. Laxa scheint es zwei verschiedene Sorten zu geben: Im Katalog für Veredlungs-Unterlagen der Fa. Lodder (s. Internet-Link) geht es um eine "R. Corymbifera Laxa", also eine Canina-Art; Peter Beales aber spricht in "Classic Roses", von der Laxa-Unterlage R. Coriifolia froebelii, die eine Cinnamomea-Art sei!

In der Tat gäbe es hier aus der Sicht des engagierten Sammlers und Rosengärtners noch so manches zu klären.

Charlotte Testu berichtet in "Les Roses anciennes" (S. 198): "Die auf R. Laxa veredelten Pflanzen sind untersetzt und sehr verzweigt. Es ist darauf zu achten, sie nicht zu kurz zu schneiden".
Warscheinlich ist R. Laxa besser auf moderne Rosen "abgestimmt".

c) Auch R. Multiflora wird nun oft als Unterlage verwendet, besonders in Nord-Amerika, Australien und sogar in Frankreich. Über diese Veredlung kann ich nicht viel sagen außer, dass alle Rosen, die ich auf diesen Unterlagen bekommen habe, nach einigen Jahren bei mir eingegangen sind.
Zu diesem Thema schreibt Herr Jean-Claude Nicolas in der Zeitschrifft des Vereins "Les amis de la roseraie du Val de Marne": "Eine Rose, die auf R.Multiflora veredelt wurde, ist bereits nach etwa sieben Jahre, reif für den Häckselplatz".
Allerdings könnte in sauren Böden das Ergebnis anders sein.

d) Ich habe z. B. von Frau Marita Protte ein Bild einer alten, unbekannten Remontantrose bekommen, die sie in einem Bauernhof in der Umgebung von Ingoldstadt gefunden hatte. Ohne unnötiges Schneiden und vermutlich schon lange wurzelecht, ist diese Remontantrose genau gleich starkwüchsig wie meine, die in Bäume klettern.

Die Remontantrosen gedeihen demnach auch wurzelecht besonders gut, aber dafür brauchen sie natürlich mehr Zeit als bei Vermehrung durch die Veredelung einer Unterlage.

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Mein Wunsch ist, dass Remontantrosen überall geeignete Plätze finden,
in den Gärten wie in den Herzen!

Pierre Lauwers